Als Highlight des letzten Netzwerktreffens durften wir einen Vortrag von Florian Wenninger über Antisemitismus einst und jetzt hören. Hier unsere Zusammenfassung:
Erste Anzeichen von Konflikten gab es in Zusammenhang mit der seleukidischen Hellenisierungspolitik (300 v. Chr.): Das Reich Alexander des Großen war ein Vielvölkerstaat mit polytheistischen Bewohnern. Die einzige Ausnahme waren die monotheistischen Israeliten, die fremde Riten nicht übernahmen. Die Israeliten hatten deswegen danach auch Konflikte mit den Römern. Als das Christentum Staatsreligion im römischen Reich wurde, kehrte wegen der gemeinsamen Wurzeln vorübergehend Ruhe ein.
Die nächste Eskalationsstufe wurde zur Zeit der Kreuzzüge und dem Aufkommen der Geldwirtschaft erreicht. Christen ermordeten Juden entlang ihrer Kreuzzüge. Da die katholische Kirche ihren Gläubigen verbot, Geldgeschäfte zu betreiben, konzentrierten sich Wirtschaftstätigkeit und Einfluss bei den Juden. Dadurch stieg der Neid. Die im frühen Mittelalter schon vollständige Alphabetisierung unter Juden nährte die Vorurteile unter den ungebildeten Christen weiter: Die heute noch verbreiteten Verschwörungstheorien drehen sich um unbekannte Mächtige und deren Einfluss mit geheimen Methoden.
Mit der französischen Revolution stand Menschen zum ersten Mal die Entscheidung über ihre Staatszugehörigkeit offen. Für Juden ist Volk und Religion dasselbe, daher war eine Zugehörigkeit zu einem Nationalstaat für sie nicht von vornherein eindeutig zu treffen. Diese Vorbehalten wurden als Signale der Abgrenzung interpretiert.
Die fortschreitende Aufklärung und Industrialisierung mündeten in der Säkularisierung. Während die Arbeiterbewegungen erkannten, dass ungezügelter Kapitalismus als Wirtschaftsform zu einem starken sozialen Ungleichgewicht zwischen Bevölkerungsschichten führte, schob die katholische Kirche die Ursache für den Verlust an Einfluss auf eine andere Religionsgemeinschaft. Aus dieser Phase stammt das Framing von Juden als eigene Rasse und die Behauptung des jüdischen Allmachtsanspruches.
Zu Beginn der Naziherrschaft waren 0,5 % der deutschen und 2,8 % der österreichischen Bevölkerung Jüdinnen und Juden. Die Annahmen Himmlers sind also an den Haaren herbeigezogen.
Aktuell wird Antisemitismus eher verklausuliert ausgedrückt. Derzeit gibt es allgemein gegen Migranten.